
Berlin. Zum Abschluss der AKSB-Jahrestagung „Deutsche Teilung und Einheit in der politischen Bildung" in der Katholischen Akademie in Berlin sprach Bundestags-präsident Dr. Norbert Lammert zum Thema „Bedeutung und Auftrag der politischen Bildung in Deutschland“. Politische Bildung müsse sich heute in Deutschland mehr denn je die Einsicht zu ihrer Notwendigkeit erkämpfen. Lammert sieht dabei vier klassische Kernaufgaben der Politischen Bildung: Sie müsse Kenntnisse vermitteln, Orientierung ermöglichen, Werte begründen und zum Engagement in der Gesellschaft ermutigen. |
Sie dürfe dagegen keine akademische Trockenübung sein, sondern müsse vielmehr den organisierten Spagat von Theorie und politischer Praxis verkörpern, und das vor geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Im Zeitalter des schnellen Informationsaustausches gebe es trotz der Fülle an Informationen keine Orientierung mehr. „Nie hat man so viel über einen Sachverhalt gewusst, aber so wenig Zusammenhang erkannt!", brachte es Lammert auf den Punkt. Die Wahrnehmung und Entscheidung erfolge daher in vielen Fällen aus dem Bauch heraus, nicht aus dem Kopf. Dem entgegenzuwirken, müsse Auftrag der politischen Bildung sein.
Aufruf zum breiten Dirskurs über ein Wiedervereinigungs-Denkmal
In seiner persönlichen Betrachtung der Wiedervereinigung kommt der Bundestagspräsident zu folgender Einschätzung: Die Wiedervereinigung habe auf beiden Seiten, West wie Ost, zu Frustrationen geführt. Vor diesem Hintergrund gestalte sich die Umsetzung des Gedankens eines Wiedervereinigungsdenkmals nicht ohne Schwierigkeiten. Hinzukomme, dass der Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit komplizierter sei als in den anderen europäischen Ländern. Daher müsse eine breite Diskussion über Sinn, Zweck und Notwendigkeit des Denkmals in Gang gesetzt werden. Der Staat dürfe bei dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Politische Bildung braucht vernünftige Grundfinanzierung
 Die Diskussion mit Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert leitete der Stellver-tretende AKSB-Vorsitzende, Pater Tobias Karcher SJ. |
Die anschließende Aus-sprache zum Vortrag von Dr. Norbert Lammert nutzten Ernst-Reinhard Beck, MdB und Vorsitzender des Kuratoriums der Bundeszen-trale für politische Bildung (bpb), sowie Theo Länge, Vorsitzender des Bundes-auschusses poltische Bil-dung (bap), ihr gemeinsames Engagement für die politische Bildung auf Bundesebene darzustellen. Es sei nicht Aufgabe der politischen Bildung, so Beck, politische Veränderungen zu erreichen. Aber die politische Bildung müsse sich ständig den gesellschaftlichen Anforderungen stellen und die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger fördern. Dazu reiche jedoch eine zunehmend projektorientierte Förderung nicht aus. „Das springen von Projekt zu Projekt muss aufhören“, war sich Beck mit Länge einig. Vielmehr sei in der politischen Bildung eine Kontinuität der Arbeit erforderlich, die nur mit einer vernünftigen Grundfinanzierung erreicht werden könne. Für dieses Ziel wolle er sich gemeinsam mit Länge einsetzen.
 Gruppenbild mit dem Bundestagspräsidenten (v.l.n.r.): AKSB-Geschäftsführer Lothar Harles; AKSB-Vorsitzender Dr. Alois Becker; Joachim Hake, Direktor der Katholischen Akademie in Berlin; Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert; Dr. Maria-Luise Schneider, Stellv. Direktorin der Katholischen Akademie in Berlin; Tobias Karcher, Stellv. Vorsitzender der AKSB.
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Mit dem Vortrag von Dr. Lammert endete die Jahrestagung der AKSB, bei der eine Zwischenbilanz der deutschen Einheit aus Sicht der politischen Bildung gezogen wurde. Unter dem Titel „,Vorwärts und nicht vergessen' Deutsche Teilung und Einheit in der politischen Bildung“ erörterten 80 Bildungsexperten/-innen der AKSB vom 26. bis 28. November 2007 gemeinsam mit der Wissenschaft, Politik und Zeitzeugen in der Katholischen Akademie Berlin den Zustand der Demokratie im geeinten Deutschland. |